Die quälende Zeit und die Wahrheit

In unserer Sprache gibt es so viele Worte – doch oft finden wir nicht die Richtigen, die das ausdrücken, was wir wirklich denken, was wir wirklich fühlen. Wenn wir jemandem etwas sagen möchten, das ihn vielleicht enttäuscht, ihn verletzt, weil es die Wahrheit ist, das was für uns wahr ist. Dann ist es schwierig die Worte zu finden, die unsere Wahrheit wiedergeben und sie dennoch sanft und tröstend klingen.

Doch wir müssen es irgendwie sagen, es will aus uns heraus, es duldet keinen Aufschub. Noch länger warten, zusehen, würde bedeuten, den anderen weiter im Dunkeln tappen zu lassen, ahnungslos und hoffend auf etwas zu warten, das nicht kommt. Nicht von uns. Wieso ist es oft so schwer zu sagen, was Sache ist …? Schonungslos und unverblümt muss es ja nicht sein. 

Es ist schwierig, weil wir oft nicht wissen, wie andere darauf reagieren, was wir zu sagen haben. So belassen wir alles beim Alten. Als würden wir darauf warten, bis der Andere etwas bemerkt, Verdacht schöpft oder durch einen „Zufall“ hellhörig wird. Dann dauert es wahrscheinlich nicht mehr all zu lange, bis der Andere uns fragt, uns darauf anspricht, was Sache ist. Auch wenn wir dieser Situation ausweichen wollten, sie verdrängten – es gibt kein Entrinnen. Dann müssen wir endlich sagen, was wahr für uns ist – was wir wirklich denken und fühlen, wir können uns nicht mehr davor drücken. Ob wir den anderen damit kränken und verletzen, es gibt kein zurück.

Die Zeit, die wir verstreichen ließen, anstatt gleich am Anfang die Worte zu finden, die sanft und tröstend klingen, trägt noch mehr dazu bei, dass aus unseren Worte der Wahrheit, Worte wie Schwerter werden. Worte wie Schwerter, die man nicht mehr rückgängig machen kann, die sich tief ins Herz des Anderen hineinbohren. Auch wenn wir das so nicht wollten, wir taten nichts dagegen. Wir verdrängten und warteten, anstatt früher die Worte zu finden, um unsere Wahrheit mitzuteilen. Die quälende Zeit, die eines Tages doch alles aufdeckt und die Wahrheit lüftet. Doch dann,  schonungslos und unverblümt – genauso, wie wir es einst vermeiden wollten. Einst, als wir zuwarteten, anstatt zu sagen, was Sache ist.

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© Sunelly Sims

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2 Kommentare zu “Die quälende Zeit und die Wahrheit

  1. Liebe Sunelly,

    ich bin mal wieder berührt.

    Du machst die Wahrheit zum Wundervollen.

    Unsere Medinzin liegt in der Wahrheit des Lebens, wenn wir gelangen in der Wahrheit zu leben, diese beim Namen nennen – ist viel an Heilung des Menschen erreicht.

    Deine Worte sind sooo KOSTBAR, lieben Gruß Jutta

    • Liebe Jutta,
      vielen Dank für deinen lieben Kommentar – es ist schön, deine Worte zu lesen! Ich finde generell, dass man zu seiner Wahrheit – ganz egal, in welchem Lebensbereich – stehen und sie mitteilen sollte, wenn es die Situation erfordert.
      Die „quälende Zeit“ kann lediglich einen Aufschub gewähren, doch sie ändert nichts an der Wahrheit, was dies auch sein mag.
      Es kann uns befreien, wenn wir sie aussprechen und andere wissen, woran sie sind. Es ist nur ehrlich uns und anderen gegenüber. Denn eines Tages muss man doch Farbe bekennen, egal in welcher Angelegenheit.
      Einfach zu sagen, was Sache ist, damit der Andere oder die anderen sich leichter tun, es zu akzeptieren und damit klarzukommen.
      Die „quälende Zeit“ macht oft alles schlimmer, als es in Wahrheit ist. Sie quält uns selbst und die anderen. Wenn wir uns „gequält“ fühlen, dann strahlen wir das ohnehin aus – die Menschen in unserer Umgebung merken das und dann erschöpfen sie erst recht schnell Verdacht. Es ist niemandem damit geholfen, am wenigsten uns selbst.

      Vielen herzlichen Dank für deine lieben Worte und ALLES LIEBE,

      Sunelly Sims

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